15. - 25.05.2025


Oliver Güth
„Die menschliche Verwurzelung ist an bestimmte Orte und Zeiten gebunden,
doch ihre Wege sind oft komplex, ungerade und weit verzweigt.“
Die Bildserie „verwurzelt“ bildet den Auftakt einer umfangreichen fotografischen Reise, in deren Mittelpunkt das Schuhwerk steht – sinnbildlich für unsere Wurzeln und Herkunft. Wie Wurzeln, die sich tief und fest in die Erde graben, verankern uns unsere Füße in der Welt. Gleichzeitig wachsen wir, ähnlich einer Baumkrone, in verschiedene Richtungen, entfalten uns auf unterschiedlichen Lebenswegen, beschreiten Pfade und gehen Umwege. Doch letztlich verbinden sich alle diese Wege wieder, fließen zusammen und erinnern uns daran, woher wir kommen und was uns verbindet.
Spanien, Albarcas


Leicht, klackernd, erhoben über dem Boden – die Geta gehören zu den ikonischen Schuhformen Japans. Diese hölzernen Sandalen, getragen mit weißen Tabi-Socken, erzählen von einer Kultur, in der Funktion und Ästhetik eine stille Harmonie eingehen.
Zwei erhöhte Holzleisten unter der Sohle sorgen dafür, dass der Fuß trocken bleibt – selbst in regennassen Gassen oder auf staubigen Wegen. Ursprünglich wurden sie getragen, um den Fuß auf Abstand zum Schmutz und Unrat der Straßen zu halten – ein einfacher, aber wirkungsvoller Schutz in einer Zeit, in der saubere Wege selten waren. Doch Geta sind weit mehr als nur praktisches Schuhwerk: Sie sind Teil einer Haltung. Wer in ihnen geht, bewegt sich bewusst, aufrecht, fast schwebend.
Heute tauchen Geta meist bei traditionellen Festen oder in Zeremonien auf – als visuelles Echo einer Vergangenheit, die im modernen Japan noch leise nachhallt. In ihnen schwingen Geschichte, Stolz und ein tiefes Gespür für das Schöne mit – verwurzelt in einer Kultur, die jedem Schritt Bedeutung verleiht.
Die Albarcas sind traditionelle Holzschuhe aus Cantabria, im grünen Norden Spaniens. Vollständig aus einem einzigen Stück Holz gefertigt, dienten sie über Generationen hinweg vor allem Bauern als robustes Schuhwerk für den Alltag.
Typisch für die Albarcas sind drei hölzerne Stifte an der Sohle – sogenannte tarugos – die den Träger vom Boden abheben. So boten sie Schutz vor Nässe, Matsch und Schnee – ein praktischer Vorteil in der feuchten, bergigen Landschaft der Region. Besonders bei der Arbeit auf Feldern, Wiesen oder im Stall erwiesen sie sich als unverzichtbar.
Heute sind Albarcas zwar kaum noch im alltäglichen Gebrauch, doch sie leben weiter – als stolzes Symbol cantabrischer Kultur und handwerklicher Tradition. Sie stehen für Herkunft, für Beständigkeit – und für eine Verbundenheit mit dem Boden, auf dem man geht.


Japan, Geta
Am Ende bleibt die Verbindung.
Ob traditionelles Handwerk oder persönliche Geschichte – jedes Paar Schuhe erzählt von Herkunft, von Wegen, die gegangen wurden, und von Spuren, die geblieben sind. Die Baumkrone steht für all die Wege, die wir gehen – weit verzweigt, individuell, und doch aus demselben Stamm gewachsen.
„verwurzelt“ ist eine Einladung, diese Verbindung neu zu sehen.